Komponist
Streichquartett Nr. 2, «Das Helvetische» (2010)
Galatea Quartet
Streichquartett Nr. 3, «Über die Zeit» (2011)
Galatea Quartet
Streichquartett Nr. 4, «1 für 4, 4 für 1» (2011)
Galatea Quartet
Besprechung in Rondo Magazin – Susanne Benda, 22.02.2025: Der Schweizer Kanton Innerrhoden ist dafür bekannt, dass er als letzter Kanton das Frauenwahlrecht einführte – im Jahr 1991! Dass es hier auch Volksmusik mit dem Titel „Gaggerli“ gibt, die auf der Basis des traditionellen Schottisch-Rhythmus das Gackern eines Huhns nachahmt, dürften hingegen nur wenige wissen. Umso verdienstvoller ist es, dass der Schweizer Komponist Fabian Müller, Jahrgang 1964, auf dem „Gaggerli“ den ersten Satz eines Streichquartetts aufgebaut hat, das sich – mit augenzwinkerndem Verweis auf Dvořáks „Amerikanisches“ Quartett – „Das Helvetische“ nennt. Tatsächlich verarbeitet der passionierte Musikethnologe Müller hier auch ein Tessiner Schlaflied, einen Naturjodler namens „Jüüzli“ und einen temperamentvollen Galopp. Der Reiz des Ganzen liegt jedoch nicht nur im ironischen Spiel mit den Vorlagen, sondern in der Virtuosität der Verarbeitung. Fabian Müllers drittes Quartett hat eine ähnliche Direktheit und macht das Uhrenland Schweiz und mit ihm die vergehende Zeit zum Thema. Der Stundenschlag des Big Ben irrlichtert in diversen Verkleidungen durch den ersten Satz, der zweite ist das melancholische Porträt einer alten Standuhr, und das Finale führen die glänzenden Streicher, deren solistischen Qualitäten Müller in seinem vierten Quartett eine Plattform bietet, zu extremer Verdichtung. Wer einmal gehört hat, wie das Hühnergegacker im ersten Satz des zweiten Quartetts mit einer abfallenden Quart erstirbt oder wie im Mittelsatz des dritten Quartetts der durchgehende Sekundenschlag matt endet, der bekommt das nicht mehr aus dem Ohr.
P 2025 // Ars Produktion // 38675